Eine sanfte Septemberbrise zog durch die offenen Fenster einer kleinen Dorfkirche, in der ich als Kind saß.  Den Gepflogenheiten zahlloser großer und kleiner protestantischer Kirchen folgend, hatte unsere kleine Kirche eine „Erweckungsversammlung“.  Der Gastprediger gab eine mitreißende Predigt, wie es bei solchen Gelegenheiten üblich war, und betonte eindringlich, dass wir unser Herz dem Herrn schenken müssen, um somit eine neue Geburt zu erleben.  „Sie müssen wiedergeboren werden“, betonte er immer wieder durch die eine Woche dauernde Erweckung.

Wie Millionen andere, fühlten die Anwesenden an diesem Abend die neue Geburt als ein einmaliges emotionales Erlebnis, welches stattfindet, wenn ein Mensch „Christus annimmt“.  Doch ist das wirklich, was Jesus Christus meinte als er zu Nikodemus sagte, dass man „wiedergeboren“ werden muss, um in das Reich Gottes zu gelangen?

Täuschen Sie sich nicht – eine neue Geburt ist absolut unerlässlich! Ohne sie werden wir nie in Gottes Reich gelangen.  Jesus bekräftigte dies in Johannes 3, 3!  Doch die Frage bleibt: Was genau ist die neue Geburt, die Jesus beschrieb?

 

Unterschiedliche Ideen über die neue Geburt

Millionen sind durch evangelisch-protestantische Predigten beeinflusst und verstehen „wiedergeboren“ zu sein fast genauso, wie der Erweckungsprediger, dessen Altar-Ruf ich vor mehr als 40 Jahren folgte. Viele andere bekennende Christen sehen das jedoch anders.  Diejenigen mit einem mehr „sakramentalen“ Kirchenhintergrund haben eine ziemlich andere Ansicht von der „neuen Geburt“.  Das Dictionary of the Bible and Religion [Wörterbuch zu Bibel und Religion] erklärt in dem Artikel „Regeneration“, dass das Ritual der Kindstaufe, das nicht nur von den römisch-katholischen und den östlich-orthodoxen Christen gepflegt wird, sondern auch von vielen protestantischen Kirchen, „geschichtlich gesehen als Tauf-Wiedergeburt bekannt ist und auf dem auf dem Glauben basiert, dass das Sakrament, wenn richtig ausgeführt, die Kraft hat, das zu übertragen, was es bedeutet, nämlich eine Regeneration oder Neugeburt des Kindes in die Familie Gottes“.

Kirchen, die die Kindstaufe als ein Sakrament sehen, glauben, dass die Zeremonie selbst die Regeneration in sich trägt, und dass die Person zu jenem Zeitpunkt in das Reich Gottes eintritt.  Evangelikale Christen hingegen würden behaupten, dass die Person zunächst ihr eigenes, persönliches Glaubensbekenntnis abgeben müsse, und erst danach „wiedergeboren“ sei, und sich von dem Moment an in Gottes Reich befinde.

Der Glaube, dass wir „wiedergeboren“ werden müssen, ist nicht auf die Christenheit begrenzt.  In der heutigen Welt, sprechen auch Buddhisten und Hindus über eine Wiedergeburt.  In einem Artikel über „Regeneration“, erklärt The Interpreters Dictionary of the Bible, dass viele der antiken Mysterienreligionen ebenfalls lehrten, dass ihre Anhänger durch bestimmte Riten neu geboren wurden.  Sie gebrauchten den Begriff „Regeneration […], um zu beschreiben, dass die Gläubigen durch einen Initiationsritus die Erlösung erlangten“.  Von Stoikern und Pythagoreern, bis hin zu den Anhängern des Mithraismus und der antiken Mysterien von Eleusis gab es einen Glauben an die Notwendigkeit einer Wiedergeburt.

Argumente in der Religion haben die Tendenz, auf andere Lebensbereiche Einfluss zu nehmen.  Bereits in den 1970er Jahren, als Jimmy Carter Präsident in den USA wurde, machte „wiedergeboren“ Schlagzeilen auf den Titelseiten der Presse.  Seitdem wird der Begriff „wiedergeboren“ zunehmend gebraucht, um zwischen inbrünstig Gläubigen mit einer emotional empfundenen, erlebten Frömmigkeit einerseits, und anderen, die sie einfach als „nominale Christen“ ansehen, zu unterscheiden. Viele, die die Wichtigkeit dessen betonen, was sie die „Wiedergeburts-Erfahrung“ nennen, achten auch auf „Zungenrede“ und ähnliche Formen von emotionalen, charismatischen Erscheinungen als Beweis, dass sie eine „neue Geburt“ erlebt haben.

Diejenigen, die eine „Wiedergeburt“ als ein Sakrament ansehen, und diejenigen, die sie als ein persönliches Erlebnis empfinden, stimmen in einem Punkt überein.  Beide Sichtweisen gehen davon aus, dass man schon in der Gegenwart wiedergeboren ist.   Dieser Glaube ist die Grundlage dafür, wie sie Gottes Heilsplan verstehen.  Aber liegen sie damit richtig?  Zu verstehen, wann die „neue Geburt“ oder „Wiedergeburt“ stattfindet, ist entscheidend, um klar zu erkennen, was zur Erlösung gehört.

  

Das WANN der Erlösung

Erlösung wird allgemein missverstanden, selbst von bekennenden Christen.  Der Bibel zufolge ist sie ein Prozess!  Kaum einer versteht diese wichtige Tatsache.  Doch stellen wir die Frage: warum müssen wir erlöst werden?  Erlöst von was?  Nachdem wir diese wichtigen Fragen verstanden haben, können wir anfangen, das Wann und Wie der Erlösung zu verstehen.

Einfach ausgedrückt, werden wir vom Tod, dem ewigen Tod, erlöst. Der Apostel Paulus erklärte deutlich: „Sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie vor Gott haben sollen“ (Römer 3, 23).  Er erklärte weiter: „Denn der Sünde Sold ist der Tod; die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserm Herrn“ (Römer 6, 23).  Es ist Gott der Vater, der die Initiative ergreift, um uns zur Erlösung zu bringen. „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren“ (Römer 5, 8; vgl. Johannes 6, 37.44).  Erlöst uns der Tod Jesu Christi?  Beachten Sie diese erstaunliche Wahrheit: „Wie viel mehr nun werden wir, nachdem wir jetzt durch sein Blut gerechtfertigt worden sind, durch ihn vor dem Zorn errettet werden!  Denn wenn wir mit Gott versöhnt worden sind durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Feinde waren, wie viel mehr werden wir als Versöhnte gerettet werden durch sein Leben!“ (Römer 5, 9-10; Schlachterbibel 2000).  Beachten Sie, dass hier ein Erlösungsprozess beschrieben wird.  Wir alle haben gesündigt.  Mit anderen Worten, wir alle haben Gottes heiliges und gerechtes Gesetz gebrochen (1. Johannes 3, 4).  Tatsächlich erklärte Paulus in Kolosser 1, 21, dass wir zuvor von Gott entfremdet und ihm gegenüber feindlich eingestellt waren aufgrund unserer bösen Werke.  Folglich hatten wir den ewigen Tod verdient.  Gott hat die Initiative ergriffen, indem er die Erlösung ermöglicht hat; Christus nahm unseren Platz ein und starb für uns.  Sein Tod allein erlöst uns jedoch nicht! Er macht allerdings unsere Rechtfertigung und Versöhnung erst möglich.  Das bedeutet, dass wir unschuldig gemacht und in Harmonie mit Gott gebracht werden können.  Obwohl Gott die Initiative ergriffen hat, müssen wir auf seine Initiative reagieren.  Petrus erklärte dies denjenigen, die seiner Predigt an Pfingsten zuhörten: „Petrus sprach zu ihnen: Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes“ (Apostelgeschichte 2, 38).

Das ist jedoch tatsächlich nur der erste Schritt.  Bei der Taufe gehen wir die Verpflichtung ein, Gott zu gehorchen und mit unserem geistlichen Entwicklungsprozess zu beginnen.  In Matthäus 24, 13 machte Jesus Christus deutlich, dass nur diejenigen, die bis zum Ende ausharren, gerettet werden. Die Errettung ist ein Prozess, der dann beginnt, wenn wir nach der Taufe den Heiligen Geist Gottes empfangen haben, und gipfelt darin, wenn „dies Sterbliche muss anziehen die Unsterblichkeit“, was in der Auferstehung bei der Rückkehr Jesu Christi stattfindet (1. Korinther 15, 53).

Zwischen unserer Bekehrung und unserem Tod erwartet Gott, dass wir etwas tun!  Paulus schrieb: „Weil wir nun solche Verheißungen haben, ihr Lieben, so lasst uns von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes uns reinigen und die Heiligung vollenden in der Furcht Gottes“ (2. Korinther 7, 1). Jesus Christus hat das, was wir als Reaktion auf Gottes Liebe tun sollen, zusammengefasst, als er sagte: „Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden habe und mich gesetzt habe mit meinem Vater auf seinen Thron“ (Offenbarung 3, 21).  Bei unserer Bekehrung erben wir nicht bereits Gottes Reich – vielmehr erwartet Gott, dass wir geistlich wachsen und mit der Kraft seines Heiligen Geistes überwinden.

In Galater 2, 20, erklärte Paulus, wie wir geistlich wachsen müssen: „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dahingegeben“. Christus ist nicht nur gestorben, um für unsere Sünden zu bezahlen, sondern ist auch nach drei Tagen und drei Nächten aus dem Grab auferstanden, um für immer zu leben.  Er wurde wieder erweckt in der Kraft und Herrlichkeit als „der Erstgeborene von den Toten“ (Kolosser 1, 18).  Es geschieht durch sein Leben, dass auch wir das ewige Leben haben können (Römer 5, 10).

Ebenso, wie neues Leben in dem Prozess der menschlichen Geburt verliehen wird – mit einer Zeugung, einer Periode des Wachstums und der Entwicklung, um dann das Licht der Welt erblicken –, so wird auch im Prozess der Erlösung neues Leben verliehen.  Wir werden gezeugt, wir wachsen und entwickeln uns als Christen, und dann treten wir in Gottes Reich ein.  Das „wann“ der Erlösung ist bei der Auferstehung von den Toten, wenn wir letztendlich Gottes Reich als aus Geist geborene Kinder Gottes erben.  Christus sagte in Lukas 20, 36, wahre Christen sind „Gottes Kinder, weil sie Kinder der Auferstehung sind“.

 

Der Pharisäer musste wiedergeboren werden

Nikodemus war schockiert.  Er war insgeheim nachts zu Jesus gekommen, und hatte zusammen mit anderen religiösen Führern inoffiziell anerkannt, dass dieser ein Mann Gottes sei.  Glaubte er vielleicht, dass Jesus diese Anerkennung schätzen würde, auch wenn sie nichtöffentlich geäußert wurde?

Was auch immer der Pharisäer erwartet hatte – was Jesus ihm antwortete, war für ihn ein völliger Schock.  Man muss wissen, dass Nikodemus als Pharisäer seine Erlösung niemals infrage gestellt hatte!  Schließlich befolgte er das Gesetz akribisch nach pharisäischer Tradition.  Er wurde als Abrahams Nachkomme geboren, welchem Gott im Altertum Verheißungen gegeben hatte.  Er wurde am achten Tag beschnitten, was ihn zu einem Mitglied der Bundesgemeinschaft machte.  Er war nicht einer der verhassten Steuereintreiber, die von gläubigen Juden wegen ihres regelmäßigen Kontakts mit Heiden als unrein und sündhaft betrachtet wurden.  Er war nicht einer der am ha eretz – des „gewöhnlichen Volks“ – der ordinären Masse, die derart mit den banalen Dingen des Lebens und Alltags beschäftigt waren, dass sie nur wenige freien Stunden für das Studium der Torah hatten.

Das Reich Gottes war die Hoffnung der Pharisäer, zu denen Nikodemus gehörte.  Sie glaubten an die Auferstehung und auch, dass der Messias ein Königreich gründen und alle Nationen regieren würde, genau wie es von den Propheten vorausgesagt wurde.  Doch die Juden des ersten Jahrhunderts betrachteten dieses Königreich und die Auferstehung aus einer fast reinen physischen und materiellen Perspektive.  Sie sahen den Eintritt in das Königreich durch die Verheißung im Bund Gottes mit Abraham als ihr Geburtsrecht an. Während sie anerkannten, dass ein heidnischer Proselyt nach der Beschneidung und der „mikvah“ (einem rituellen Untertauchen) seine alte Identität aufgeben müsse, um ein Kind Abrahams zu werden, sahen sie für sich selbst keinerlei solche Notwendigkeit (vgl. Johannes 8, 32-36).  Waren sie nicht schließlich bereits Kinder Abrahams und daher von Natur aus Erben der Verheißungen?  

Deshalb war die Antwort von Jesus so schockierend für Nikodemus.  Jesus Christus sagte, dass Nikodemus nicht auf Grund seiner physischen Eltern, als Nachkommen Abrahams, einen Anspruch auf das Erbe in Gottes Reich habe.  Der Eintritt in Gottes Reich basiert allein auf geistlicher Elternschaft.

In Johannes 1, wo die Weichen für den Bericht in Johannes 3 über das Gespräch mit Nikodemus gestellt werden, verglich der Apostel Johannes die Anwartschaften, von denen, die durch den Geist geboren werden sollten, mit denen, die lediglich durch das Fleisch geboren wurden.  „Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden: denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus menschlichem Geblüt noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern aus Gott geboren sind“ (Johannes 1, 11-13).

Die Griechen im Altertum verstanden es so, dass eine Zeugung dann stattfand, wenn sich der Samen des Vaters mit dem Blut der Mutter vereinigte.  Christus betonte, dass diese Zeugung, die als Resultat menschlicher Wahl und Leidenschaft im Leib der Mutter stattfindet, nicht diejenige ist, welche Nachkommen zeugt, die das Reich Gottes erben können.  Letztendlich ist nicht unsere physische Elternschaft entscheidend, sondern unsere geistliche Elternschaft!

 

Wann wird die Neugeburt geschehen?

Die biblische Darstellung der „Wiedergeburt“ ist analog zum physischen Geburtsvorgang.  Die geistliche Regeneration, die bei der Taufe stattfindet, wird mit der Zeugung durch den Vater verglichen.  Nach der Zeugung müssen wir wachsen und uns zu Christen entwickeln, genau wie ein Fötus im Mutterleib wachsen und sich entwickeln muss, bevor er bereit ist, geboren zu werden. Die Bibel vergleicht die eigentliche Geburt mit der Auferstehung. Dieses wird in Johannes 3, 6 verdeutlicht, als Jesus Nikodemus antwortete: „Was aus Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; und was aus dem Geist geboren ist Geist“.  Paulus erklärte in 1. Korinther 15, 43-49, dass wir bei der Auferstehung in unsterbliche geistliche Wesen verwandelt werden, weil Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht erben können.

„Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist ein jeder, der aus dem Geist geboren ist“ (Johannes 3, 8).  In diesem Leben sind wir wie Adam – mit einem physischen, sterblichen Leib.  Nach der Auferstehung von den Toten werden wir einen verherrlichten Geistleib haben – genau wie Jesus Christus nach seiner Auferstehung (1. Korinther 15, 43-49, Offenbarung 1, 13-15). Unser „Leib der Niedrigkeit“ wird umgestaltet, „sodass er gleichförmig wird seinem Leib der Herrlichkeit“ (Philipper 3, 21; Schlachterbibel 2000). Jesus Christus wird nicht mehr müde oder hungrig.  Er unterliegt nicht mehr Schmerzen oder dem Tod.  Vielmehr ist er aus dem Grab auferstanden, um niemals wieder zu sterben!  Jesus bekam die Herrlichkeit wiederhergestellt, die er mit seinem Vater gemeinsam hatte, bevor die Welt existierte, und sitzt jetzt zur Rechten seines Vaters als unser Fürsprecher und bald zurückkehrender König (Johannes 17, 4; Hebräer 4, 14-16).

In Kolosser 1, 18 und Offenbarung 1, 5 wird Jesus der „Erstgeborene von den Toten“ genannt.  In Römer 8, 29 wird er als „der Erstgeborene […] unter vielen Brüdern“ bezeichnet.  Dieses deutet ganz klar darauf hin, dass wir auch „von den Toten geboren“ werden!  Der griechische Begriff, der mit „Erstgeborener“ übersetzt wird, ist „prototokos“. Protos ist ein griechischer Ausdruck für „Erster in Reihenfolge und Wichtigkeit“.  Diese Bedeutung des Ausdruckes wurde im Deutschen durch den Gebrauch als Vorsilbe wie z. B. in dem Wort „Prototyp“ übernommen.

Während die Bibel viele Analogien gebraucht, um wahre Christen zu charakterisieren – wie beispielsweise als „neugeborene Kindlein“ in 1. Petrus 2, 2, als heranwachsende Kinder in Hebräer 12, 6-7, oder als „lebendige Steine, erbaut […] zum geistlichen Hause“ (1. Petrus 2, 5), sowie als „Glieder des Leibes“  in 1. Korinther 12, 12 – ist und bleibt die neue Geburt dennoch die kraftvollste und umfassendste Beschreibung für all das, was unser Eintritt in das Reich Gottes tatsächlich beinhaltet.  Damit wird erklärt, was die Erlösung wirklich bedeutet – dass wir buchstäblich Kinder Gottes werden (Römer 8, 19).

Im Augenblick, sind wahre Christen Erbschaftsanwärter, aber noch keine Erben.  Christus machte deutlich, dass es erst in der Auferstehung geschehen wird, “wenn der Menschensohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm“, dass er zu den Auferstandenen sagen wird: „kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das Reich“ (Matthäus 25, 31.34). In Matthäus 24, 13 offenbarte Jesus Christus seinen Jüngern klar: „Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden“ (Schlachterbibel 2000). Gott hat ein großes, übergeordnetes Ziel.  Er reproduziert sich selbst in uns!  Wir können in Gottes Familie sein als vollwertig geborene Kinder – jüngere Brüder Jesu Christi, welcher der Erstgeborene unter vielen Brüdern ist (Römer 8, 29).

In der Taufzeremonie wird von Christen die Auferstehung selbst symbolisch dargestellt (Römer 6, 1-5).  Es geschieht bei der Auferstehung, dass wir letztlich die Unsterblichkeit „anziehen“ und tatsächlich Gottes Reich erben (1. Korinther 15, 50-53).  Wir werden symbolisch in einem nassen Grab beerdigt, um dann aus dem Wasser zu einem neuen Leben aufzusteigen.  In Johannes 3, 5 wies Christus auf die Notwendigkeit hin, aus Wasser und aus Geist geboren zu sein: “Wenn jemand nicht geboren wird aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen“.  In der Bibel wird Wasser oft als ein Sinnbild des Heiligen Geistes gebraucht (Johannes 7, 38-39).  Aus dem Wasser der Taufe aufzutauchen ist eine symbolische Geburt – ein Sinnbild unserer Wiedergeburt bei der eigentlichen Auferstehung.

Die biblische „Wiedergeburt“ also mit einer Bekehrung oder mit einem emotionalen Erlebnis gleichzusetzen, verfehlt das gesamte Thema, dass nämlich die Erlösung ein Prozess ist.  Die Erlösung beginnt mit dem Empfang des Heiligen Geistes Gottes nach der Taufe, und man wird dadurch ein Teilhaber „der göttlichen Natur“ (2. Petrus 1, 4).  Christen wachsen danach für den Rest ihres physischen Lebens in Gnade und Erkenntnis.

Der Erlösungsprozess wird dann seinen Höhepunkt erreichen bei der Auferstehung, bei der Christen vollständig im herrlichen Reich Gottes ankommen, als vollwertige, verherrlichte, aus Geist geborene Kinder Gottes.  In der Tat bringt Gott „viele Kinder zur Herrlichkeit“ (Hebräer 2, 10).  Werden sie eines von diesen sein?  Wenn ja, müssen Sie „wiedergeboren“ werden!

 


Griechische Ausdrücke, die sich auf eine neue Geburt beziehen

Das griechische Wort gennao wird im Deutschen sowohl mit „geboren“, als auch mit „gezeugt“ wiedergegeben. Manchmal gebrauchen Bibelübersetzer diese Begriffe, als wären sie völlig austauschbar.  Doch das ist nicht der Fall – und diese scheinbar geringfügige Angelegenheit kann zu großer Verwirrung führen, und das Resultat kann ein wesentlicher Fehler im Verständnis sein.

Thayer‘s Greek-English Lexicon of the New Testament sagt, dass gennao bedeutet: “im eigentlichen Sinn: Männer, die Kinder zeugen…,  seltener, dass Frauen Kinder gebären“ (Strong‘s Nr. 1080).

The Interpreters Bible, ein 12 Bände umfassender Kommentar, gibt eine einfache aber klare Richtlinie, wann gennao als „geboren“ zu übersetzen ist, und wann „gezeugt“ vorzuziehen ist: „Geburt kann entweder von Seiten des Vaters betrachtet werden, in welchem Fall das Verb ‚zeugen‘ ist, oder von Seiten der Mutter, wobei dann ‚gebären‘ das richtige Verb ist“ (Bd. 8, Abingdon Press, S. 505). Zu „gebären“ ist die aktive Form des passiven „geboren werden“.

Das deutsche Wort „zeugen“ weist auf die ursächliche Handlung des Vaters hin, durch welche Nachwuchs entsteht.  Synonyme Verben sind „hervorbringen“ „erzeugen“ oder „zeugen“.   „Gebären“ weist auf die Rolle der Mutter hin, um Nachkommen zu produzieren, d.h., sie während der Schwangerschaft auszutragen und dann zur Welt zu bringen.  Im Deutschen ist das Wort „Zeugung“ durch den Vater auf die Empfängnis begrenzt.  Im Griechischen jedoch hat gennao eine weitergehende Bedeutung und kann den gesamten Prozess abdecken, ein „Kind in die Welt zu bringen“.  Wir finden ein Bespiel dafür in Matthäus 1, 20, wo gennao mit „empfangen“ übersetzt wurde, während Matthäus 2, 1 es mit „geboren“ widergibt.  In beiden Fällen macht der Textzusammenhang klar welches die richtige Übersetzung ins Deutsche ist.

Man könnte sich fragen, wie dasselbe Wort gebraucht werden kann. um beide Vorgänge zu beschreiben, nämlich, dass ein Mann ein Kind zeugt, und dass eine Frau ein Kind gebiert.  Die Antwort ist, dass der gesamte Vorgang als eine Einheit gesehen wird.  Ein empfangenes Kind in der Gebärmutter wird als gennao angesehen – als von seinem Vater „erzeugt“.  (Wenn das Kind vor der Geburt stirbt, wurde es „erzeugt“ existiert aber nicht mehr).  Ein geborenes Kind ist auch von seiner Mutter „erzeugt“.  Aus diesem Grund deckt „erzeugt“ alle Aspekte des Geburtsvorganges beider Eltern ab und ist somit wohl die beste Übersetzung des Wortes gennao. Wahre Christen werden jetzt von Gott „erzeugt“. Wir werden so lange von Ihm „erzeugt“ bleiben wie wir mit Gottes Geist weiterwachsen.  Dann, wenn wir „Überwinder“ sind (Offenbarung 2, 26), werden wir vollständig „erzeugt“, sobald wir in der Auferstehung geistlich geboren werden!

Den Begriff gennao kann man auch in Verbindung mit anderen Vorsilben oder Worten finden, die sich auf eine Wiedergeburt oder neue Geburt beziehen.  So ein Begriff ist anagennan der wörtlich „erneut zeugen“ oder „erneut gebären“ heißt.  Er kommt nur einmal vor in 1. Petrus 1, 3.23 und bezieht sich darauf, dass wir von Neuem erzeugt werden „aus unvergänglichem Samen“ – ein Vorgang, der mit der geistlichen Empfängnis beginnt und in der Auferstehung gipfelt (Verse 4-5).

Ein anderes Wort, palingenesia (wörtlich: „erneut entstehen“) wird in Matthäus 19, 28 und in Titus 3, 5 gebraucht.  In diesen beiden Versen lesen wir wiederum von einem Vorgang. der mit einer geistlichen Erneuerung beginnt, symbolisiert durch die Taufe, und der in der Auferstehung gipfelt – wenn die 12 Apostel buchstäblich „neu entstanden“ sind und verherrlichte Geistleiber erhalten haben (1. Korinther 15, 43-44).  Das ist der Zeitpunkt, wenn sie auf 12 Thronen sitzen, um die 12 Stämme Israels zu regieren.

Eine Abwandlung dieses Ausdruckes, palin genomai, ist der einzige griechische Ausdruck, der jemals in der Septuaginta (der griechischen Übersetzung des Alten Testaments zur Zeit Christi) gebraucht wurde, um auf eine neue Geburt hinzuweisen.  Er wird in Hiob 14, 14 verwendet, wo Hiob die Auferstehung erwartet: „Meinst du, einer stirbt und kann wieder leben? Alle Tage meines Dienstes wollte ich harren, bis meine Ablösung [palin genomai, „Wiedergeburt“], kommt.

Der letzte Ausdruck, den wir untersuchen wollen, ist genan anothen in Johannes 3, 3.  Er wird oft mit „wiedergeboren“ übersetzt, doch viele Religionsgelehrte glauben, dass es besser mit „von oben gezeugt“ wiedergegeben werden sollte. Thayer‘s Lexikon erklärt, dass anothen „von oben… von oben herab… Oftmals auch… vom Himmel… oder von Gott“ bedeutet.  Doch die dann folgende Definition, die gegeben wird, ist: „vom Anfang… Folglich…. erneut oder abermals, was auf eine Wiederholung hinweist (eine weniger gebräuchliche, aber von vielen fälschlicherweise bestrittene Verwendung)“ (Strongs Nr. 509). Thayer’s Lexikon befürwortet diese zweite Definition für Johannes 3, 3 wegen der Reaktion von Nikodemus, als dieser dachte, Christus würde meinen, er müsse wieder „in seiner Mutter Leib gehen und [abermals] geboren werden“? (Vers 4) – also eine Wiederholung der menschlichen Geburtserfahrung durchmachen.

Dies trifft natürlich nicht den Kern der Sache. Beide Gedanken sind richtig.  Wir müssen abermals hervorgebracht werden, nur muss es dieses Mal von oben geschehen.  Es ist ein Prozess der in unserem himmlischen Vater seinen Ursprung hat – nicht hier unten durch einen irdischen Vater.  Der wichtige Punkt, den man hinsichtlich Johannes 3 verstehen muss, ist, welche Phase des ganzen Vorganges hier beschrieben wird.  In einem anderen Zusammenhang könnte sich genan anothen einfach auf unseren gegenwärtigen Zustand beziehen, von Gott jetzt „hervorgebracht“ oder „gezeugt“ zu sein.  Doch aufgrund der Worte Christi in Johannes 3 können wir erkennen, dass er auf einen abgeschlossenen Vorgang hinweist. Diejenigen, die genan anothen sind, werden hier als Geistwesen gesehen (Vers 3) und sind unsichtbar wie der Wind (Vers 8).  Deshalb wird der Ausdruck genan anothen im unmittelbaren Zusammenhang von Johannes Kapitel 3 am besten mit „erneut vollständig hervorgebracht“ wiedergegeben – d.h. wiedergeboren als „Gottes Kinder, weil sie Kinder der Auferstehung sind“ (Lukas 20, 36).